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Geschafft! Hamburg - ENDLICH - Teil 3

Das Fleet vor der Hamburger Akademie für Publizistik. Für die Breaking News über einen drohnenden Einsturz der Gebäude, muss die Kulisse im Seminar Mobile Reporting herhalten. Auf dem Steg im Wasser drehen wir zum Teil für unsere Berichterstattung die "maroden Häuser".
Nach den intensiven ersten beiden Wochen mit viel Theorie, steht die dritte Woche ganz im Zeichen von Workshops. Bevor die Gruppenarbeiten beginnen, widmen wir uns am Montag und Dinstag aber noch dem Thema „Recherche: Ich google das mal schnell“.

Ab Mittwoch planen wir ein Social-Media-Projekt. Dafür schauen wir, wie wir Twitter, Facebook, Tik Tok und Instagram strategisch nutzen können. Donnerstag und Freitag steht Mobile Reporting auf unserem Lehrplan. Wir fotografieren und drehen mit unserem Smartphone Videos und schneiden sie mit einer passenden Software zu einem Nachrichtenbeitrag zusammen.


Hinter Büschen, Mauern und als Passagier getarnt

Woche drei beginnt für uns alle etwas schleppend. Nachdem wir uns über das Wochenende mit unseren Storytellingtexten beschäftigt haben, sind alle ein bisschen müde. Da kommt uns die Recherche sehr gelegen. Zwei ruhigere Tage, dachten wir… Aber falsch! Statt mit unseren Laptops zu recherchieren, steigen wir am Montag und Dienstag voll in ein echt spannendes Thema ein: den Investigativjournalismus. Skandalträchtige Themen mittels einer langwierigen und genauen Recherche aufspüren…

Unsere Dozentin, selbst eine bekannte Investigativjournalistin, hat uns ein paar ihrer abgeschlossenen Themen mitgebracht. Wie gehen Journalisten vor, wenn sie eine Story enthüllen? Wie finden sie ihre Informanten? Wie bauen sie Vertrauen auf? Was gilt es zu beachten, wenn der Journalist Undercover recherchiert und wie läuft die Konfrontation mit der Gegenseite ab?

Nachdem wir über den Tag hinweg mögliche Strategien und Wege am Beispiel eines Betrugs in der Lebensmittelbranche durchgespielt haben, beenden wir das Seminar mit einem eigenen Investigativbeitrag. Die Grundlage ist ein bereits erschienener Artikel zu den unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf Kreuzfahrtschiffen. Für die Recherche war unsere Dozentin selbst als Passagierin an Bord. Sie sprach mit verschiedenen Arbeitskräften, einem Seemannspastor und einem Arzt einer Seemannsambulanz. (Je mehr Quellen eine Behauptung stützen, desto besser). Jetzt liegt es an uns, wie wir den Beitrag aufbereiten. Schreiben wir aus der Sicht der Betroffenen: eines Schiffskellners, einer Masseurin und eines Kochs. Oder wählen wir die Perspektive des Pastors und/oder des Arztes? In beiden Fällen wichtig: die Gegendarstellung der Reederei muss in den Text einfließen.

Ich wähle die Zitate und Infos von Pastor und Arzt. Bislang habe ich mich mit investigativem Journalismus noch nie auseinandergesetzt. Neuland für mich. Eine Aufgabe, die mir trotz der interessanten aber auch erschreckenden Thematik nicht so leicht von der Hand geht. In meiner Arbeit im PR-Bereich bin ich weit davon entfernt, wirtschaftliche und politische Skandale aufzudecken. Nach Feierabend sichtet unsere Dozentin alle Texte. Ein Feedback erhalten wir morgen. Am Ende ist mein Text ok. Ich hätte mehr rausholen können. Trotzdem waren diese beiden Tage ein spannender Exkurs in eine Welt, wie Journalismus auch sein kann.


Konzert in der Elbphilharmonie

Mitte der Woche geht es dann an unsere Eventplanung: das Social-Media-Projekt. Gemeinsam mit Sabrina, Lukas, Tim und Bjarne gestalte ich ein fiktives Projekt für ein Konzert in der Elbphilharmonie. Unsere Idee: ein Männerchor (Mitgliederalter 20 bis 40 Jahre) trifft auf das Musikerensemble der Elbphilharmonie. Und wir, ein Verlag mit monatlich erscheinendem Musikmagazin, organisieren und promoten das Event. Erster Schritt der Planung, die Entscheidung welche Kanäle wir nutzen möchten. Auf Tik Tok sehen wir die Philharmonie eher weniger. Wir wählen Insta und Facebook und natürlich unser Magazin. ;-)

Wer ist unsere Zielgruppe? Wir definieren den Mittdreißiger Torben. Er nutzt Instagram, hat einen Job in einer Agentur und wohnt mit Frau, Kind und Hund auf der Schanze. In seiner Freizeit interessiert er sich für Technik und liebt Musik. Torben steht sinnbildlich für unsere Zielgruppe des Männerchors. Und wir definieren die 65-jährige Karin. Sie ist ehemalige Bankkaufrau, jetzt Rentnerin, gut gebildet, aus dem Hamburger Speckgürtel. Sie lauscht mit ihren Freundinnen regelmäßig den Klängen des Orchesters und ist bei Facebook aktiv. Sie steht für die Zielgruppe der Elbphilharmoniebesucher.

Nun geht es daran zu überlegen, wie unsere Posts auf den jeweiligen Plattformen aussehen sollen. Wie schaffen wir es, dass sowohl Karin, als auch Torben zu dem Männerchor meets Klassikkonzert kommen? Klar, über Insta erreichen wir Torben, Facebook passen wir für Karin an und unser Magazin spricht die 20 bis 49-jährigen Musikinteressierten Abonnenten an.

Da wir das Projekt nur zu Übungszwecken nutzen und nicht veröffentlichen, dürfen wir im Internet lustig Bilder der Elbphi, Logos von Musikgruppen, Fotos (Torben und Karin brauchen schließlich ein Gesicht) und Magazinhalte „klauen“. Nach und nach nimmt unser Projekt Gestalt an. Und da wir finden, dass eine Strategie immer besser zieht, wenn es was zu gewinnen gibt, darf ein Gewinnspiel nicht fehlen. Kurzerhand verlosen wir Karten für das Konzert durch Verlinkung der Posts. Das generiert Reichweite. Musik drunter legen. Am Abend präsentieren wir in einer Power Point Präsentation unseren Mitvolos unsere Strategie und schauen uns ihre Projekte an. Morgen geht es dann mit einer neuen Gruppe in ein neues Projekt. Wir filmen….

Auf das Seminar Mobile Reporting freue ich mich ganz besonders. Bereits vor meiner Zeit im PS.SPEICHER habe ich leidenschaftlich gerne (und viel) fotografiert. Seit ich im Museum arbeite, habe ich meine Kenntnisse erweitert und verfeinert (und fotografiere noch viel mehr). Von einem Tagesschaureporter und Filmemacher nun noch zusätzlich Input zu bekommen, ist für mich das i-Tüpfelchen. :-)

Bevor wir filmen, erstmal die Basics. Worauf müssen wir beim Fotografieren achten? Was macht ein gutes Bild / Video aus? Ganz wichtig: die Five-Shot-Strategie. Wir probieren aus, wie wir von einer Szene mindestens fünf Einstellungen bekommen. Inhalt: eine Totale oder Halbtotale auf die Örtlichkeit in der sich die Szene abspielt. Eine Nah- bzw. Großaufnahme des Gesichts der handelnden Person. Eine Detailaufnahme auf die Hände, die etwas tun. Der Blick über die Schulter der handelnden Person. Und, last but not least, der Wow-Shot. Er stellt eine besondere oder außergewöhnliche Perspektive da. Zum Beispiel eine Aufnahme, von oben auf das Geschehen, von unten, oder aus Sicht des Objekts – hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Mit meinen Kolleginnen Anke und Sabrina probiere ich die Five-Shot-Strategie aus. Wir fotografieren durch den Boden eines Trinkglases während es mit Wasser gefüllt wird. Und stellen unser Handy in den Kühlschrank, um per Selbstauslöser zu fotografieren, wie eine von uns ein Produkt hineinstellt. Mit kleinen Hilfsmitteln, die sich in (Bücher-)Regalen, der Küche (oder sei es ein Regenschirm im Flur) befinden, probieren wir die fünf Schüsse aus. Über die Schulter, auf einem Stuhl stehend, auf dem Boden liegend... Es macht riesig viel Spaß.


Die Häuser am Fleet vom Einsturz bedroht

Danach teilt uns der Dozent in vier Teams ein. Es geht zum Dreh, bei dem wir eine Breaking-News verfilmen. Thema eins: Der drohende Einsturz aller am Katharinenfleet befindlichen Gebäuden, aufgrund von Baumängeln. Das zweite Thema: eine nahende Unwetterkatastrophe mit einer Jahrhundertflut, die in Kürze den Hamburger Hafen erreicht.

Aussuchen können wir uns das Thema nicht. Unser Dozent teilt es uns zu. Ich bin in einer der beiden Gruppen, die über den Einsturz der Gebäude berichten. Meine Mitvolontärin Kathrin ist die Außenreporterin und informiert live vor Ort. Ich habe die Rolle einer schockierten Anwohnerin, die um ihr Zuhause und ihr Hab und Gut fürchtet. Rings um den Fleet suchen wir gemeinsam nach Wow-Shot Möglichkeiten. Sophia filmt Kathrin und mich vor den vom „Einsturz betroffenen Restaurants und Bürogebäude“. Danach geht es ans Schneiden, das Bjarne übernimmt.

Am Ende haben wir einen Nachrichtenbeitrag, mit dem wir mehr als zufrieden sind. Auch die anderen drei Gruppen haben tolle Videos produziert. Sehr realistisch. Ich würde in Anbetracht der Lage auf jeden Fall meine Beine unter die Arme nehmen und das Gebiet um den Hafen verlassen, bzw. mich aus den Gebäuden rings um das Fleet evakuieren lassen. Meine Erwartungen hat das Mobile Reporting-Seminar übertroffen. Es war super lehrreich und ich achte bei meinen Fotos in Zukunft noch verstärkter auf besondere Perspektiven und den ein oder anderen Wow-Shot.

Für unser Social-Media-Projekt "organisieriert" meine Gruppe ein fiktives Konzert in der Hamburger Elbphilharmonie. Also ich würde hingehen. ;-)