highWAY - Es gab da eine Abkürzung im Himalaya
- ursularaschke
- 29. Okt.
- 5 Min. Lesezeit

Es gibt Abende, an denen das Fernweh im Raum fast greifbar wird. Einer dieser Momente war am 15. August 2025 in der PS.Halle des PS.SPEICHER Einbeck, als die FörderFreunde PS.SPEICHER zu einem Multivisionsvortrag eingeladen hatten. Rund 300 Gäste kamen zusammen, um mit dem Motorradreisenden und Abenteurer Bruno Pillitteri in die Bergwelt Nordindiens einzutauchen. Unter dem Titel „highWAY – es gab da eine Abkürzung im Himalaya“ erzählte er von einer Reise, die keine gewöhnliche Tour war, sondern eine Expedition, bei der Improvisation, Durchhaltevermögen und Humor genauso gefragt waren wie die Liebe zum Motorradfahren.
Bereits die Wahl der Maschinen machte klar, dass es nicht um reine Geschwindigkeit, sondern um Authentizität und Erlebnis ging: gefahren wurde auf klassischen Royal Enfields, Motorrädern mit Charakter, die für viele untrennbar mit Indien verbunden sind. Die Marke hat eine besondere Geschichte. Ursprünglich in England gegründet, wurde die Produktion in den 1950er-Jahren nach Indien verlagert, wo die Maschinen bis heute gebaut werden. Die Royal Enfield „Bullet“ gilt als das am längsten durchgehend produzierte Motorradmodell der Welt. Robust, schlicht konstruiert und fast unverwüstlich, ist sie in Indien zum Symbol des Motorradfahrens geworden – ein perfekter Begleiter für Schotterpisten, Gebirgspässe und unberechenbare Wetterlagen. Für das aufSpur-Team war die Wahl dieser Maschinen ein klares Statement: lieber authentisch und nah an der Kultur des Landes, als mit Hightech-Motorrädern, die in den extremen Höhenlagen ohnehin an ihre Grenzen stoßen würden.
Das aufSpur-Team begab sich damit auf eine Route, die auf der Landkarte wie eine Abkürzung aussah, sich aber schnell als Abenteuer mit unvorhersehbaren Herausforderungen entpuppte. Entlang der Grenzen zu Pakistan und Tibet führte der Weg über enge, unbefestigte Straßen, durch reißende Gletscherflüsse und über einige der höchsten Pässe der Welt. Namen wie Rothang-Pass, Changlang La oder Khardung La klingen fast poetisch, doch hinter ihnen verbergen sich Höhen von über 5.000 Metern, extreme Wetterbedingungen und Strecken, die den Fahrerinnen und Fahrern alles abverlangen.
Gerade der Khardung La, den Bruno Pillitteri im Vortrag hervorhob, ist ein Mythos für Motorradfahrer. Lange Zeit galt er mit 5.602 Metern als der höchste befahrbare Pass der Welt. Auch wenn sich die Messdaten inzwischen relativiert haben, bleibt er ein Sehnsuchtsort. Schon die Anfahrt ist eine Prüfung: Geröll, Schlaglöcher, rutschige Schneefelder und eine Luft, die so dünn ist, dass selbst kleine Bewegungen anstrengend werden. Wer dort oben mit seiner Maschine ankommt, erlebt einen Moment, der alle Mühen vergessen lässt – und das Wissen, dass die Rückfahrt mindestens ebenso anspruchsvoll wird.

Die Bilder, die Pillitteri zeigte, machten die Dimension dieses Abenteuers deutlich. Wolken hingen tief über Geröllpisten, Motorräder kämpften sich durch Schlamm und Wasser, und auf windumtosten Bergstraßen war die nächste Kurve kaum zu sehen. Für die Gäste im Saal entstand eine Reise im Kopf, die weit über Einbeck hinausführte. Doch was die Geschichten wirklich lebendig machte, waren die Begegnungen, die das Team unterwegs hatte. In Sarchu und Pang, hochgelegenen Orten mit provisorischen Zeltstädten, waren es ausschließlich Frauen, die für die Versorgung der Reisenden sorgten. Dort erlebten die Biker eine Gastfreundschaft, die nachhaltig beeindruckte: einfache Mahlzeiten, ein Platz am Feuer und ein Stück Alltag in einer Welt, die sonst so weit entfernt wirkt.
Dass eine solche Reise nur mit guter Vorbereitung möglich ist, wurde ebenfalls deutlich. Bevor es ins Himalaya ging, absolvierte das Team ein intensives Training in Erster Hilfe. Sie wollten auf Situationen vorbereitet sein, die weit entfernt von jeglicher medizinischer Infrastruktur eintreten könnten. Dazu gehörte auch ein Übungsteil, der über das hinausging, was viele von einem Erste-Hilfe-Kurs kennen. Im Eigenversuch legten sich die Teilnehmer gegenseitig intravenöse Zugänge – ein schmerzhaftes Unterfangen für die „Versuchskaninchen“, aber ein Beweis für das technische Geschick und den Mut der Gruppe. Diese ungewöhnliche Vorbereitung war kein Selbstzweck, sondern ein Ausdruck der Verantwortung, die man in solch abgelegenen Regionen füreinander trägt. Für das Publikum im PS.SPEICHER war es ein Detail, das die Professionalität und Ernsthaftigkeit der Expedition noch greifbarer machte.
Trotz aller Planung blieb die Reise eine Abfolge von Improvisationen. Wenn ein Reifen auf 5.000 Metern platzt, wenn ein Bachbett sich plötzlich in einen Strom verwandelt oder wenn die Luft so dünn wird, dass jeder Schritt anstrengend ist, helfen nur Zusammenhalt und Humor. Besonders die Episode um die „Luftpumpe“, eine Erfindung des aufSpur-Teams, sorgte im Vortrag für viele Lacher. Es sind genau diese Momente zwischen Ernst und Spaß, die eine solche Reise unvergesslich machen.
Doch Pillitteri erzählte nicht nur von Strapazen. Er sprach auch von stillen Augenblicken, die niemand im Team vergessen wird: die ersten Sonnenstrahlen, die über den Pangong-See gleiten, einem der höchstgelegenen Seen der Welt, oder das Schweigen, das sich über eine Gruppe legt, wenn die Naturkulisse so überwältigend ist, dass selbst Worte fehlen. Für das Publikum in Einbeck war das mehr als ein Reisebericht – es war eine Einladung, das Hier und Jetzt zu schätzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Der Abend war zugleich Auftakt zum großen Bikertag im PS.SPEICHER am darauffolgenden Samstag. Viele der Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, sich auf den nächsten Tag einzustimmen, Kontakte zu knüpfen und mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Der Vortrag passte damit perfekt ins Programm: Motorräder sind nicht nur Fortbewegungsmittel, sie sind Lebensgefühl und Brücke zwischen Menschen, die die gleiche Leidenschaft teilen.
Die Resonanz war entsprechend positiv. Rund 300 Gäste hatten sich in der PS.Halle eingefunden, die Stimmung war ausgelassen, und viele nahmen nicht nur Erinnerungen, sondern auch Anregungen für eigene Reisen mit nach Hause. Wer den Abend verpasst hat, darf sich trösten: Bruno Pillitteri hat bereits angekündigt, im kommenden Jahr wiederzukommen. Dann wird er von einer Tour durch Kirgisistan berichten – ein Land, das mit seinen Hochgebirgen, seiner Steppe und seiner nomadischen Kultur Stoff für ein neues Motorradabenteuer bietet. Schon jetzt darf man sich auf Bilder, Geschichten und Begegnungen freuen, die erneut für Fernweh sorgen werden.
Dass Veranstaltungen wie dieser Vortrag möglich sind, liegt auch am Engagement der FörderFreunde PS.SPEICHER. Sie organisieren Abende wie diesen, unterstützen den PS.SPEICHER in seiner Arbeit und sorgen dafür, dass das Museum nicht nur ein Ort der Geschichte, sondern auch ein lebendiger Treffpunkt bleibt. Eine Mitgliedschaft bietet dabei nicht nur die Möglichkeit, den Erhalt automobilen Kulturguts zu fördern, sondern bringt auch persönliche Vorteile. Mitglieder erhalten Einladungen zu exklusiven Veranstaltungen, profitieren von Ermäßigungen und sind Teil einer Gemeinschaft, die die Begeisterung für Fahrzeuge, Technik und Mobilität teilt. Wer also überlegt, FörderFreundin oder FörderFreund zu werden, findet unter www.ps-speicher.de/foerderfreunde alle Informationen.
Für den PS.SPEICHER war dieser wunderschöne Vortragsabend ein weiterer Beweis, dass Veranstaltungen, die Emotionen mit Wissen und Abenteuer verbinden, einen besonderen Platz im Jahresprogramm haben. Und für alle, die dabei waren, bleibt die Erinnerung an eine „Abkürzung“, die am Ende vielleicht länger war, aber auch reicher und intensiver.
Tipp: Für Mitglieder der FörderFreunde PS.SPEICHER ist der Eintritt zu den Vorträgen kostenfrei – eine schöne Möglichkeit, sich zu engagieren und dabei Teil einer besonderen Gemeinschaft zu sein.
👉 Sei mit dabei, jetzt FörderFreund/in werden und von Veranstaltungen wie dieser profitieren: www.ps-speicher.de/foerderfreunde
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Ob Himalaya, Island oder Steppe – wer Motorradgeschichten liebt, ist bei den FörderFreunden genau richtig. Das Jahresprogramm in der PS.Halle macht Einbeck zur Bühne für Entdecker/innen und Reiselustige – nicht nur auf zwei Rädern.
Nächste Termine nicht verpassen
Wer Lust bekommen hat, selbst in ferne Länder zu träumen oder mit anderen Biker/innen in Kontakt zu kommen, sollte regelmäßig auf der Website der FörderFreunde PS.SPEICHER vorbeischauen. Dort gibt es alle Infos zu kommenden Veranstaltungen, Mitgliedschaften und Unterstützungsprojekten.




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