Die Supercar-Manufaktur ISDERA
- ursularaschke
- 15. Okt.
- 4 Min. Lesezeit

Design, Vision und Pioniergeist: Ein Abend mit Eberhard Schulz im PS.SPEICHER
Ein lauer Sommerabend, der Geruch von Benzin, Designikonen in greifbarer Nähe und ein Mann, der deutsche Sportwagengeschichte schrieb: Am 10. Juni 2022 erlebte die PS.Halle in Einbeck ein ganz besonderes Highlight. Die FörderFreunde PS.SPEICHER hatten Eberhard Schulz eingeladen, seines Zeichens Konstrukteur, Designer und Gründer der legendären Supersportwagenmarke ISDERA. Im Zentrum seines Vortrags stand nicht nur die Geschichte seiner Manufaktur, sondern auch ein tiefes Verständnis dafür, wie automobile Visionen Wirklichkeit werden.
Vom Eigenbau zum Supersportwagen
Die Geschichte von ISDERA beginnt lange vor der offiziellen Firmengründung im Jahr 1982. Schon 1969 baute Schulz seinen ersten eigenen Sportwagen, den ERATOR GT, und fuhr damit direkt zum Vorstellungsgespräch bei Porsche. Dort beeindruckte er so sehr, dass er direkt eingestellt wurde. Zwischen 1971 und 1978 arbeitete er in verschiedenen Bereichen, vom Styling bis zum Fahrversuch – eine Schule für künftige Meisterleistungen.
Doch Schulz war kein Mann für den Status quo. Als Mercedes-Benz das gemeinsam mit dem Tuner bb entwickeltes Konzeptfahrzeug CW311 nicht weiterverfolgte, griff Schulz beherzt zu. Er nutzte die Grundlage des CW311, um daraus ein eigenes Serienmodell zu entwickeln: den ISDERA Imperator 108i, der 1984 auf den Markt kam. Bereits der Markenname war Programm: ISDERA steht für "Ingenieurbüro für Styling, Design und Racing" – ein klarer Hinweis auf Schulz’ umfassenden Anspruch, Technik und Ästhetik zusammenzuführen.
ISDERA Imperator 108i: Ein Supersportler mit Stil und Substanz
Der Imperator war kein gewöhnliches Auto. Er war eine technische und optische Provokation. Inspiriert vom keilförmigen Design der späten 70er und frühen 80er, erinnerte er an eine Mischung aus Lamborghini Countach und Mercedes-Silberpfeil. Klappscheinwerfer, Flügeltüren, ein auf dem Dach montierter Periskop-Rückspiegel und ein Innenraum, der kompromisslos auf den Fahrer ausgerichtet war – das alles war kein Zufall, sondern Ausdruck einer klaren Philosophie.
Unter der Haube werkelten leistungsstarke Mercedes-V8-Motoren. Anfangs war es der 5-Liter-M117 mit 235 PS, später folgte der 5,6-Liter mit bis zu 365 PS in der AMG-Version. Ab 1992 wurde die zweite Serie des Imperator aufgelegt, nun mit dem moderneren M119-V8-Motor mit 326 PS und in der Topversion sogar 410 PS. Die Fahrleistungen waren entsprechend beeindruckend: bis zu 310 km/h Höchstgeschwindigkeit, 0 auf 100 km/h in rund 5 Sekunden. Die Basis bildete ein leichtes, aber verwindungssteifes Rohrrahmenchassis mit GFK-Karosserie. Das Gesamtgewicht lag bei etwa 1.250 Kilogramm, was in Kombination mit der kraftvollen Motorisierung zu einem Fahrerlebnis der Extraklasse führte.
Automobile Rarität mit Kultstatus
Insgesamt entstanden nur rund 30 Exemplare des Imperator 108i. Die meisten davon wurden in Einzelanfertigung gefertigt, angepasst an die Wünsche der Kunden. Damit ist der ISDERA Imperator heute nicht nur eine Designikone, sondern auch eine der seltensten Automobilraritäten weltweit. Bei Auktionen, wie zuletzt bei Bonhams in Monaco, erzielen die Fahrzeuge Preise jenseits der 600.000 Euro – ein Beweis für ihren raren Kultstatus.
Der Mann, der Hürden umging
Was diesen Abend im PS.SPEICHER besonders machte, war nicht nur das seltene Automobil, sondern die Persönlichkeit dahinter. Schulz sprach frei, offen, mit trockenem Humor – und einer ansteckenden Begeisterung. Wie er Dinge damals einfach „gemacht“ hat, was heute mit Projektplänen, Freigabeprozessen und Budgetrestriktionen kaum mehr möglich wäre, zeigte den Zuhörenden deutlich: Hier sprach ein Mann, der Hürden nicht hinnahm, sondern umging.
"Ich habe nie gefragt, ob das geht. Ich habe gefragt: Wie mache ich es möglich?" – dieser Satz blieb hängen. Und er erklärt vielleicht am besten, wie aus einer Idee ein fahrbarer Supersportwagen wurde, ohne die Rückendeckung eines Konzerns, aber mit Know-how, Mut und einem klaren Willen zur Individualität.
Ebenso prägnant war ein weiteres Zitat, das Schulz fast beiläufig einwarf, das aber die Denkweise eines kreativen Ingenieurs wie kaum ein anderes zusammenfasst: „Geh mit der Zeit, sonst gehst du mit der Zeit.“ Ein Satz, der zugleich Mahnung und Antrieb ist – und wohl auch der Grund, warum ISDERA ihrer Zeit oft ein Stück voraus war.
Design zwischen Genie und Wahnsinn
Die Reaktionen im Publikum schwankten zwischen Faszination, Respekt und ungläubigem Staunen. Schulz erzählte von Aufträgen für die Autoindustrie, von Geheimprojekten, bei denen ISDERA fahrbereite Prototypen für große OEMs entwickelte. Seine kleine Manufaktur arbeitete mit einer Effizienz und Innovationskraft, die selbst Großunternehmen beeindruckte. Dabei war Schulz nie nur Ingenieur. Er war Designer, Philosoph, Unternehmer und Träumer in Personalunion. Und genau das spiegelt sich in seinen Fahrzeugen wider: kompromisslos, durchdacht, elegant – und stets ein wenig rebellisch.
Ein Abend für die Ewigkeit
Wer an diesem Abend in der PS.Halle war, nahm nicht nur Eindrücke von besonderen Autos mit nach Hause. Vielmehr war es ein lebendiger Blick hinter die Kulissen einer der faszinierendsten Geschichten des deutschen Automobilbaus. Schulz’ Erzählungen machten Mut, selbst anzupacken, zu entwerfen, zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.
Für die FörderFreunde des PS.SPEICHER war dieser Vortrag ein weiterer Höhepunkt im Jahreskalender. Und für alle Anwesenden ein Abend, der deutlich machte: Automobile Leidenschaft ist kein Relikt der Vergangenheit – sie lebt. Und sie hat einen Namen: ISDERA.
Ihr wollt keine Neuigkeiten aus dem PS.SPEICHER verpassen? Dann abonniert jetzt unseren PS.Insider Newsletter und bleibt immer informiert über Fahrzeuge, Veranstaltungen und spannende Einblicke hinter die Kulissen.





Kommentare