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Strahlende Zukunft? Solar-Fahrzeuge zwischen Vision und Wirklichkeit

Wie realistisch ist Mobilität mit Sonnenenergie heute?

Können wir mit Sonnenlicht Auto fahren? Die Idee klingt verlockend: klimafreundlich, geräuscharm, unabhängig vom Stromnetz oder fossilen Brennstoffen – ein Konzept, das viele Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich bringt. Solar-Fahrzeuge sind seit Jahrzehnten Teil der Diskussion um die Zukunft der Mobilität. Doch wo stehen wir heute wirklich? Und wie praxistauglich ist die Technik jenseits von Demonstrationsfahrzeugen?


Der Solar-Shell, ein mit solarenergie betriebenes Testfahrzeug des Ölkonzerns Shell von 1997.
Der Solar-Shell in der Sammlung Kleinwagen des PS.SPEICHER.

Die Idee ist alt – das Problem bleibt: Energiebedarf

Schon in den 1950er-Jahren gab es erste Experimente mit solarbetriebenen Kleinfahrzeugen. Der Reiz war schnell klar: Photovoltaikzellen könnten emissionsfrei Strom erzeugen – warum also nicht direkt ein Fahrzeug damit antreiben? Technisch war das allerdings lange Zeit eine große Herausforderung. Die Energieausbeute von Solarmodulen war gering, der Wirkungsgrad niedrig und Batterietechnologien nicht ausgereift.

Der zentrale Haken: Ein Auto benötigt insbesondere im Alltag relativ viel Energie, um sich zu bewegen. Ein durchschnittlicher Pkw verbraucht etwa 15 bis 20 kWh Strom pro 100 Kilometer. Selbst mit modernen Solarmodulen lässt sich auf der begrenzten Fahrzeugoberfläche bei optimaler Sonneneinstrahlung meist nur 1–2 kWh pro Tag erzeugen. Das reicht – wenn überhaupt – für wenige Zusatzkilometer.


Solar-Autos als Versuchsträger: Technisch machbar, praktisch eingeschränkt

Das bedeutet nicht, dass Solarautos nicht funktionieren. Im Gegenteil: Seit den 1980er-Jahren gibt es spektakuläre Solarauto-Wettbewerbe wie die World Solar Challenge in Australien oder die American Solar Challenge in den USA. Hier entwickeln Hochschulteams ultraleichte Fahrzeuge mit aerodynamischen Karosserien, die mehrere tausend Kilometer ausschließlich mit Sonnenenergie zurücklegen können – allerdings unter speziellen Bedingungen: extrem geringes Gewicht, niedrige Geschwindigkeit, perfekter Sonneneinfall und keine alltagstaugliche Ausstattung.

Diese Fahrzeuge zeigen eindrucksvoll, was technisch möglich ist, sind jedoch aufgrund ihrer speziellen Bauweise und Anforderungen an Gewicht und Sonneneinstrahlung bislang nicht für den Alltagsbetrieb ausgelegt. Trotzdem liefern sie wichtige Erkenntnisse – etwa zur Effizienzsteigerung bei Solarmodulen oder zur Optimierung von Leichtbau und Energiefluss im Fahrzeug.

Der von Aachener Studierenden gebaute Huawei Sonnenwagen bei der World Solar Challenge in Australien 2017. Bild: Von Sonnenwagen - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63266301
Der von Aachener Studierenden gebaute Huawei Sonnenwagen bei der World Solar Challenge in Australien 2017. Bild: Von Sonnenwagen - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63266301

Der Solar-Shell von 1997: Ein Exponat mit überraschender Geschichte

Ein besonders spannendes Beispiel für die Praxisnähe von Solar-Fahrzeugen ist der Solar-Shell von 1997, der heute in der Sammlung Kleinwagen des PS.SPEICHER zu sehen ist. Der Ölkonzern Shell finanzierte seit 1990 die Erprobung von Solarfahrzeugen – teils aus Eigeninteresse an alternativen Technologien, teils im Rahmen öffentlichkeitswirksamer Forschungsprojekte.

Der im PS.SPEICHER ausgestellte Wagen stammt aus solch einem Testprojekt von 1999. Das Fahrzeug wiegt lediglich 98 Kilogramm, besteht aus leichtem Verbundmaterial und wird ausschließlich von Solarenergie angetrieben. Zwei kleine Batterien ermöglichen eine Reichweite von 80 Kilometern – eine beachtliche Leistung für ein Experimentalfahrzeug dieser Gewichtsklasse.

Seinen größten Auftritt hatte der Solar-Shell beim 1.000-Meilen-Rennen durch Australien, einem Wettbewerb, bei dem ausschließlich solarbetriebene Fahrzeuge zugelassen waren. Der Shell-Prototyp erzielte einen umgerechneten Verbrauch von nur 0,3 Litern pro 100 Kilometer, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 30 km/h. Die Energie wurde ausschließlich von der Sonne geliefert – ein Beweis dafür, wie effizient ein konsequent auf Solarnutzung ausgerichtetes Fahrzeug sein kann, wenn Gewicht, Aerodynamik und Energieverbrauch optimal abgestimmt sind.

Doch auch hier gilt: Der Solar-Shell ist kein Serienfahrzeug, sondern ein Forschungsprojekt. Für den normalen Straßenverkehr ist er nicht zugelassen – und wäre dafür auch nicht ausgelegt.


Solarenergie als Ergänzung – nicht als alleiniger Antrieb

Heute sind Photovoltaik-Module in Serienfahrzeugen vor allem dort zu finden, wo sie unterstützend arbeiten. Hersteller wie Hyundai, Toyota oder Lightyear haben Modelle entwickelt, die mit Solardächern ausgestattet sind. Diese erzeugen je nach Wetterlage und Modulqualität 3–6 Kilometer Zusatzreichweite pro Tag. In Regionen mit viel Sonne kann sich das summieren – aber ein vollständiger Fahrzeugbetrieb allein durch Sonne bleibt die Ausnahme.

Beispiel: Der Hyundai Sonata Hybrid (nicht in Europa erhältlich) besitzt ein Solardach, das laut Hersteller in sonnenreichen Regionen bis zu 1300 Kilometer Zusatzreichweite pro Jahr liefern kann – bei idealen Bedingungen. In Mitteleuropa liegen die Werte deutlich darunter.

Der Lightyear 0, ein niederländisches Solarfahrzeug mit besonders großflächigen Modulen, versprach Reichweiten von über 600 Kilometern und bis zu 70 Kilometer Solar-Zuladung pro Tag. Doch das Start-up geriet 2023 in finanzielle Schwierigkeiten. Ein erschwinglicheres Nachfolgemodell ist geplant, aber noch nicht auf dem Markt.

In der Praxis dient Solarenergie auf dem Fahrzeug vor allem als ergänzende Energiequelle. Sie kann dazu beitragen, kleinere Verbraucher wie Klimaanlage oder Bordelektronik zu unterstützen und die Reichweite geringfügig zu erhöhen, insbesondere bei günstigen Wetterbedingungen.

Die Einführung des exklusiven Lightyear One vom niederländischen Start-Up Lightyear wurde 2023 durch die Insolvenz des Unternehmens gestoppt. Mittlerweile arbeitet eine neugegründete Gesellschaft am Nachfolgemodell für den Massenmarkt. Bild: Alexander Migl, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Die Einführung des exklusiven Lightyear One vom niederländischen Start-Up Lightyear wurde 2023 durch die Insolvenz des Unternehmens gestoppt. Mittlerweile arbeitet eine neugegründete Gesellschaft am Nachfolgemodell für den Massenmarkt. Bild: Alexander Migl, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Alternative Wege: Solartankstellen und netzgebundene Konzepte

Manche Konzepte verfolgen eine andere Herangehensweise: Solartankstellen statt Solarzellen auf dem Fahrzeugdach. Solartankstellen, also Ladepunkte mit direkter Stromversorgung durch Photovoltaik, sind technisch einfacher umzusetzen. Hier kann deutlich mehr Fläche genutzt werden, beispielsweise auf Dächern von Parkhäusern, an Straßenrändern oder in Carports.

Ein typisches Beispiel: Ein 50 m² großes Solardach über einer Ladestation kann pro Tag rund 25 kWh Strom erzeugen – genug für etwa 150 Kilometer E-Auto-Reichweite. Kombiniert mit stationären Batteriespeichern oder dem Stromnetz können solche Anlagen einen Teil der Mobilitätswende tragen.

Vorteil: Die Technik ist erprobt, wirtschaftlich und skalierbar. Nachteil: Sie ist nicht fahrzeugunabhängig – die Energie kommt nicht „on the go“ direkt ins Auto, sondern über die Steckdose.


Zwischenbilanz: Vision und Realität

Die Idee vom solarbetriebenen Auto ist real – aber findet noch keine breite Anwendung. Die technische Entwicklung schreitet voran, aber physikalische Grundlagen setzen enge Grenzen. Die Zukunft der Elektromobilität liegt daher vermutlich in einer Kombination aus effizientem Energieeinsatz, grünem Strom, intelligenter Infrastruktur und Leichtbau.

Das heißt: Solar kann ein wertvoller Teil des Systems sein – aktuell aber nur als Ergänzung.


Jetzt entdecken: Der Solar-Shell im PS.SPEICHER

Solar-Fahrzeuge zeigen, was technisch möglich ist – und wo die Grenzen liegen. Der Solar-Shell befindet sich in der Sammlung Kleinwagen des PS.SPEICHER. Er ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie wenig Energie ein Fahrzeug bei perfekter Optimierung verbrauchen kann. Er ist damit nicht nur ein Exponat, sondern ein Denkanstoß für künftige Mobilitätslösungen: Was wäre, wenn unsere Fahrzeuge kleiner, leichter, effizienter wären?

Wer Mobilität neu denkt, sollte sowohl die Potenziale als auch die Grenzen alternativer Antriebe berücksichtigen. Die Sonne stellt eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle dar. Die Herausforderung besteht darin, diese Energie technisch und wirtschaftlich sinnvoll für die Mobilität nutzbar zu machen.




 *Eure Meinung ist uns wichtig! Wir geben unser Bestes, um unsere Blogartikel informativ und korrekt zu gestalten. Unser Fokus liegt eindeutig und ausschließlich auf dem jeweiligen Fahrzeug. Wir möchten betonen, dass die Ausstellung im PS.SPEICHER differenziert informiert und weitere Aspekte thematisiert. Diese Umfänglichkeit greifen wir in unseren Artikel nicht auf. Falls ihr zugleich noch Ergänzungen, Fakten oder Korrekturen habt, lasst es uns gerne wissen. Gemeinsam können wir die Inhalte erweitern und verbessern. Erreichen könnt ihr uns unter: marketing@ps-speicher.de




 
 
 

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