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Von der Kerze zum Laserlicht: Die Geschichte der Fahrzeugbeleuchtung

Licht als Schlüssel zur Sicherheit

„Sehen und gesehen werden“ – diese Formel beschreibt, warum Fahrzeugbeleuchtung im Straßenverkehr unverzichtbar ist. Heute sind LED-Scheinwerfer, Tagfahrlicht und intelligente Lichtsysteme Standard. Doch der Weg dahin war lang: Er führte von flackernden Kerzen über Bilux-, Halogen- und Xenonlicht bis hin zu modernen digitalen Systemen. Die Entwicklung der Autobeleuchtung zeigt, wie Technik, Sicherheit und Gesetzgebung seit mehr als 100 Jahren ineinandergreifen.


Messingscheinwerfer mit brennender Kerze an der Benz Victoria von 1894, frühes Beispiel historischer Fahrzeugbeleuchtung.
Messingscheinwerfer mit Kerzen, das ist die Hauptbeleuchtung der Benz Victoria, Deutschlands ältestem zugelassenen Automobil aus dem Jahr 1894.

Erste Schritte der Fahrzeugbeleuchtung: Kerzen, Petroleum und Karbidlampen

Als Gottlieb Daimler 1886 den Motorwagen entwickelte, besaß er zunächst keine serienmäßige Beleuchtung. Viele frühe Automobile wurden aber – wie zuvor Kutschen – mit einfachen Kerzen- oder Petroleum-Laternen bestückt. Diese Laternen spendeten nur wenige Meter Sichtweite, waren windanfällig und mussten regelmäßig neu entzündet werden.

Später setzten sich Petroleum- und Karbidlampen (Acetylenlampen) durch. Sie waren etwas heller, jedoch kompliziert in der Handhabung und eine potenzielle Brandgefahr. Nachtfahrten blieben riskant und verlangten den Fahrerinnen und Fahrern viel Mut ab.


Der Automobilist Adolf Schmal beschreibt die Situation in der Allgemeinen Automobilzeitung im Jahr 1900 folgendermaßen:


"Es war inzwischen dunkle Nacht geworden, und wir waren gezwungen, unsere Lampen anzuzünden. Nach einem vergeblichen Kampf mit den Acetylenbrennern griffen wir zu der weniger brillanten, aber sicheren Kerzenbeleuchtung. [...] Der unsichere Schein unserer Lampen ließ kaum auf 10 M. die Straße und die Gegenstände in ihren Umrissen erkennen, und es wäre Selbstmord gewesen, rascher als mit der zweiten Schnelligkeit, das ist 15 Km. die Stunde, zu fahren." (Filius: Drei Wochen im Automobil. In: AAZ, 1900, Nr. 42, S. 14.)



Elektrisches Licht: Vom Cadillac zum Bosch-Licht

Werbeanzeige von Bosch für elektrische Fahrzeugbeleuchtung in der Allgemeinen Automobilzeitung von 1913.
In: Allgemeine Automobilzeitung, 1913, Nr. 51, S. 31.

Die ersten elektrischen Autoscheinwerfer brachte Cadillac 1912 in den USA auf die Straße. Den Durchbruch in Europa markierte 1913 das sogenannte „Bosch-Licht“: ein komplettes elektrisches Beleuchtungssystem mit Scheinwerfern, Lichtmaschine und Regler. Zum ersten Mal ließ sich Licht per Knopfdruck einschalten – ein Meilenstein, der die Nachtfahrt erheblich sicherer machte.

Da die frühen Scheinwerfer vor allem auf Reichweite und gleichmäßige Ausleuchtung ausgelegt waren, fuhren viele Fahrzeuge zunächst dauerhaft mit Fernlicht. Um Blendungen zu vermeiden, wurde 1915 erstmals zwischen Abblend- und Fernlicht unterschieden. Zunächst musste die Einstellung noch direkt außen am Scheinwerfer vorgenommen werden, wenig später erleichterte ein Fußhebel den Wechsel zwischen den Lichtquellen. 1924 brachte Osram mit der Bilux-Glühlampe eine entscheidende Innovation auf den Markt: Zwei Glühfäden in einem Reflektor ermöglichten Abblend- und Fernlicht in einer einzigen Lampe – ein Standard, der jahrzehntelang bestehen blieb.

1957 kam ein weiterer Meilenstein: das asymmetrische Abblendlicht, das sich schnell als Standard durchsetzte. Es leuchtete die rechte Fahrbahnseite stärker aus als die linke. Dadurch konnten Fahrende den Straßenrand besser erkennen, ohne den Gegenverkehr zu blenden. Erstmals praktisch umgesetzt wurde es im Ford Taunus 17 M. Heute ist das Prinzip der asymmetrischen Lichtverteilung ein Grundpfeiler moderner Fahrzeugscheinwerfer.


Halogenlicht: Ein neuer Standard ab den 1970er-Jahren

Die 1960er- und 70er-Jahre brachten den nächsten großen Schritt: Halogenlampen. Die H1-Halogenlampe ab 1962 war zunächst nur für das Fernlicht zuständig. 1971 wurde die H4-Zweifadenlampe in der EU zugelassen. Sie kombinierte Abblend- und Fernlicht in einer einzigen Halogen-Glühbirne – ähnlich wie die Bilux-Lampe, jedoch heller und langlebiger. Der Mercedes SL (R107) war eines der ersten Modelle in Deutschland mit dieser Technik.


Halogen-Scheinwerfer setzten sich schnell durch, weil sie vergleichsweise günstig und leicht austauschbar waren. Bis heute finden sie sich in vielen Kleinwagen. Ihre Lebensdauer ist allerdings begrenzt, und bei Lichtleistung und Effizienz können sie mit Xenon- oder LED-Scheinwerfern nicht ganz mithalten


Xenonlicht: Neue Maßstäbe in den 1990er-Jahren

1991 brachte BMW im 7er (E32) das erste serienmäßige Xenon-Abblendlicht auf den Markt. Es war etwa doppelt so hell wie Halogen, hatte eine längere Lebensdauer und leuchtete die Straße tageslichtähnlich aus. Bald folgte die Bi-Xenon-Technik, bei der eine Lampe sowohl für Abblend- als auch für Fernlicht genutzt wurde.

Xenon-Scheinwerfer verbesserten die Sicherheit erheblich, erforderten aber komplexe Zusatzsysteme wie automatische Leuchtweitenregulierung und Reinigungsanlagen. Sie waren teurer als Halogenlampen und im Austausch aufwändig. Zudem sorgte die starke Helligkeit bei manchen Fahrenden für Blendung. Im Jahr 2015 waren 38% der Pkw-Neuzulassungen mit Xenonlicht ausgestattet.

In Frankreich bestand bis 1993 die Vorschrift, gelbes Licht zu verwenden. Erst danach wurde weißes Licht europaweit Standard.


LED-Scheinwerfer: Effizienz und Designfreiheit

LED-Scheinwerfer mit mehreren Lichtmodulen in der Front eines weißen Fahrzeugs, Detail moderner Fahrzeugbeleuchtung.
LED-Scheinwerfer. Bild: gemeinfrei, aufgenommen von Hatsukari715 (Wikimedia Commons)

Seit den 2000er-Jahren prägen LED-Scheinwerfer die Fahrzeugbeleuchtung. Anfangs wurden sie für Bremsleuchten und Rücklichter eingesetzt, 2008 brachte Audi im R8 den ersten Voll-LED-Scheinwerfer.

Nachteilig sind die höheren Kosten und die komplizierte Reparatur – oft muss die gesamte Einheit ersetzt werden. Zudem können sehr helle LEDs andere Verkehrsteilnehmer blenden, wenn die automatische Regulierung nicht perfekt funktioniert. Dennoch gelten LEDs heute als die vielseitigste und umweltfreundlichste Form der Fahrzeugbeleuchtung.

LEDs überzeugen durch hohe Energieeffizienz, lange Lebensdauer und ihre kompakte Bauweise. Dadurch lassen sich neue, markentypische Lichtsignaturen gestalten, die jedes Fahrzeug unverwechselbar machen. Ein weiterer Vorteil: LEDs verbrauchen weniger Strom und schonen damit auch den Kraftstoffverbrauch.


Laserlicht, OLED und Digital Light: Die Gegenwart und Zukunft

Moderner Laser-Scheinwerfer in der Front eines roten Fahrzeugs, Beispiel innovativer Fahrzeugbeleuchtung
Laser-Scheinwerfer. Bild: Robert Basic from Germany - Audi at CES 2014, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35605748

Auch wenn LED-Scheinwerfer heute Standard sind, bleibt die Entwicklung nicht stehen. Laserlicht erreicht Reichweiten von bis zu 500 Metern – ideal für lange Autobahnfahrten. Es ist extrem hell und kompakt, allerdings teuer und im Alltag oft überdimensioniert. Das erste Fahrzeug mit Laser-Fernlicht war der BMW i8, Audi folgte kurz darauf.

Eine weitere Innovation sind OLED-Rückleuchten (Organic Light Emitting Diodes). Sie erzeugen gleichmäßige, flächige Lichtbilder und ermöglichen dreidimensionale Effekte im Fahrzeugdesign. Vorteile sind die Homogenität des Lichts und die gestalterische Freiheit. Nachteile liegen in der geringeren Leuchtkraft im Vergleich zu LEDs und in höheren Produktionskosten. Daher finden OLEDs bislang vor allem im Premiumsegment Anwendung.

Besonders spannend sind digitale Lichtsysteme: sogenannte "Digital Light“-Scheinwerfer können Symbole, Markierungen oder Hinweise direkt auf die Fahrbahn projizieren. Sie können die Sicherheit verbessern, sind in Europa jedoch rechtlich noch nicht vollständig zugelassen. Die Technik ist komplex und teuer, zeigt aber, wie Licht künftig auch zur Kommunikation zwischen Fahrzeug und Umfeld eingesetzt werden könnte.


Gesetzliche Rahmenbedingungen: Sicherheit durch klare Vorgaben

Die Entwicklung der Autoscheinwerfer wurde stets von Gesetzen begleitet. Bereits 1901 forderte eine preußische Polizeiverordnung, dass Fahrzeuge bei Dunkelheit beleuchtet sein müssen.

In den 1920er-Jahren erkannten Behörden die Gefahr der Blendung und führten Vorschriften zur Dauerabblendung ein – allerdings mit anfänglichen Problemen, da die Straßenbeleuchtung in Deutschland schlechter war als in den USA. Mit der Bilux-Lampe von 1924 gelang ein technischer Ausgleich.

Spätestens ab den 1990er-Jahren wurden Gesetze wichtiger, um neue Technologien wie Xenon oder LED in den Verkehr zu integrieren. Der Leuchtweitenregler wurde 1990 gesetzlich vorgeschrieben. Später kamen Vorschriften für Tagfahrlicht, automatische Scheinwerferreinigung und adaptive Systeme hinzu.

Bis heute gilt: Jede Innovation im Bereich Fahrzeugbeleuchtung muss zunächst gesetzlich geprüft und zugelassen werden. Oft sind die Ingenieure schneller als die Behörden – ein Spannungsfeld, das die Entwicklung bis heute begleitet.


Mehr als Technik: Design und Identität

Heute ist Fahrzeugbeleuchtung nicht nur ein Sicherheitsfaktor, sondern auch ein wichtiges Designelement. Hersteller nutzen markante LED-Signaturen, dynamische Blinker oder OLED-Flächen, um ihren Modellen einen unverwechselbaren Auftritt zu geben.

Die Autobeleuchtung ist damit längst zu einem zentralen Teil der Markenidentität geworden – ein Bereich, in dem sich Sicherheit, Ästhetik und Innovation verbinden.


Fazit: Von der Kerze zum Kommunikationsmittel

Die Geschichte der Fahrzeugbeleuchtung zeigt, wie stark technischer Fortschritt und Sicherheit zusammenhängen. Von Kerzenlaternen über Halogen- und Xenonlicht bis zu LED- und Lasersystemen: Jede Epoche brachte Innovationen, die das Fahren bei Nacht sicherer machten.

Die Zukunft gehört adaptiven, intelligenten Lichtsystemen, die nicht nur die Straße ausleuchten, sondern auch aktiv mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren.

In der PS.SPEICHER Erlebnisausstellung und in den Sammlungen lässt sich die Entwicklung der Fahrzeugbeleuchtung anhand zahlreicher Originalobjekte aus allen Epochen der Mobilitätsgeschichte direkt nachvollziehen.


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